Station 12, St. Wolfgang
St. Wolfgang als Exklave der Stadt Zug
Der Weiler St. Wolfgang, bestehend aus der Kirche und vier Wohnhäusern, gehört erst seit dem Jahr 1935 zur Gemeinde Hünenberg.
Als am 17. Februar 1798 die Ennetseegemeinden ihre politische Selbstständigkeit erhielten, blieb St. Wolfgang eine Exklave der Stadt Zug. Obwohl die wenigen dort lebenden Familien:
- ihre Kinder in Hünenberg zur Schule schickten,
- und auch Feuerwehr- und Polizeidienste von Hünenberg übernommen wurden,
unterstanden sie weiterhin der Verwaltung der Stadtgemeinde Zug – inklusive Steuerpflicht.

Im Rahmen von Grenzregulierungen im Jahr 1934 begannen Verhandlungen über die politische Zuteilung von St. Wolfgang an Hünenberg. Am 30. Dezember 1934 stimmte die Einwohnergemeindeversammlung der Stadt Zug der Abtretung zu. Die Gemeinde Hünenberg ratifizierte den Vertrag an ihrer Einwohnergemeindeversammlung vom 14. April 1935.
Der Vertrag sah vor, dass Hünenberg für die nächsten 50 Jahre 50 % der Steuereinnahmen aus St. Wolfgang an die Stadt Zug abliefern müsse.
Nach 23 Jahren, im Jahr 1958, ersuchte Hünenberg die Stadt Zug, auf den verbliebenen Steueranteil zu verzichten – dieser hatte sich im Jahr 1957 noch auf 624 Franken und 10 Rappen belaufen. Die Stadt Zug entsprach dem Gesuch am 23. Juni 1958 – womit die finanzielle Übergangsregelung offiziell beendet war.
St. Wolfgang als wichtiger Verkehrsknotenpunkt
Der unter Ortsbildschutz stehende Weiler St. Wolfgang erlangte seine Bedeutung erst im 15. Jahrhundert. Er liegt am Knotenpunkt zweier wichtiger historischer Verkehrswege:
- Der eine führte als Handelsweg von Luzern über Kappel nach Zürich.
- Der andere verband Zug mit Sins und weiter zur zugerischen Vogtei Oberrüti.
Diese Lage machte St. Wolfgang zu einem beliebten Rastplatz für Händler und Reisende.
Bereits 1479 erwähnt ein Protokoll des Stadtrats von Zug zwei Tavernen in St. Wolfgang:
- das heute noch bestehende Restaurant „Rössli“
- sowie der inzwischen verschwundene „Löwen“, der im 19. Jahrhundert eingegangen war.

Auch eine Schmiede war im Weiler ansässig – denn die Pferde der Kaufleute mussten oft neu beschlagen werden.
Im 16. Jahrhundert wurde St. Wolfgang zum geheimen Treffpunkt für Reisläufer, die sich in Zeiten der Mailänderkriege konspirativ versammelten.
Auch das erste Innerschweizer Schützenfest, das im Jahr 1507 stattfand und an dem sogar eine Schützendelegation aus Bern teilnahm, wurde über mehrere Tage hinweg hier in St. Wolfgang durchgeführt.
Kirche St. Wolfgang

Im Jahre 1473 liess die Stadt Zug die spätgotische Kirche durch den damals bekannten Baumeister Hans Felder erbauen. Hans Felder gilt auch als Baumeister der Kirche St. Oswald in Zug und der Wasserkirche in Zürich. Die Kirche ist dem Bischof St. Wolfgang geweiht, einem Heiligen und Trostspender des 10. Jahrhunderts. Die Legende berichtet, dass Hilfesuchende im von Seuchen und Krankheiten geprägten Mittelalter ein Bild des Heiligen Wolfgang an einem Baum befestigten, um durch seine Fürbitte Linderung im Leid zu erlangen. Die zunehmende Verehrung des Heiligen habe die Stadt Zug bewogen, ihm zu Ehren eine Wallfahrtskirche zu errichten. Die so genannte Pilgerglocke, südwestlich der Kirche, erinnert an den vielbesuchten Wallfahrtsort.

Zeitweise wirkten zwei Kapläne als Wallfahrtspriester in St. Wolfgang, wovon das stattliche Steinhaus mit den blauen Fensterläden aus dem Jahre 1696 Zeugnis ablegt.
Ab 1784 wurden hier die Gottesdienste für die Hünenberger abgehalten, die bis dahin nach Cham in die Kirche gingen. Auch wurden nun die Toten in St. Wolfgang begraben.
Wiederherstellung des spätgotischen Baus
Nach etlichen „Verrestaurierungen“ gelang in den Jahren 1947 bis 1949 eine Wiederherstellung des spätgotischen Gotteshauses. Seither gilt St. Wolfgang als eine der schönsten Landkirchen der Gotik in der Schweiz. Im Inneren sind das zwar nur noch als Kopie vorhandene Chorgestühl (die Originale befinden sich im Landesmuseum), der Wolfgangbilderzyklus in einer Seccomalerei des 16. Jahrhunderts, und vor allem das von Meister Ulrich von Rosenstain geschaffene Sakramentshäuschen aus dem Jahre 1486, eines der schönsten der Schweiz, sehr sehenswert. Die Kirche St. Wolfgang ist als Kulturgut von nationaler Bedeutung eingestuft.

Schlacht an der Totenhalde
Die Totenhalde, ein steiler Abhang westlich von St. Wolfgang, war im Jahr 1388 Schauplatz eines kriegerischen Gefechts, das hier zwei Jahre nach der Schlacht bei Sempach (1386) stattfand und bei dem 42 Zuger Krieger, darunter auch Hünenberger und der Anführer selbst, fielen (vg. auch Station #10 – Marlachen).
Der Name „Totenhalde“ (auch überliefert als Tuotenhalde, Dottenhalten oder Tottenhalten) war bereits vor dem Gefecht bekannt.
Schon 1364 erwarb das Kloster Frauenthal ein Stück Land in der „Tottenhalten“ – der Begriff dürfte also ursprünglich auf eine Flurbezeichnung zurückgehen und erhielt durch das Gefecht später eine neue, tragische Bedeutung.

